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Versicherungspflicht von Lehrkräften einer Musikschule

Der Fall:

Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Musikschullehrerin - ist sie im Rahmen einer freiberuflichen Honorartätigkeit tätig oder im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses.

Die Begründung:

Die Versicherungspflicht von Lehrkräften einer Musikschule aufgrund abhängiger Beschäftigung ist nicht deshalb von vornherein ausgeschlossen, weil die Beteiligten erkennbar eine selbstständige Tätigkeit vereinbaren wollten.

Wird eine Dienstleistung von der Eingliederung in die Ordnung eines fremden Betriebs geprägt, sprechen Rahmenvorgaben, die Freiheiten zur zeitlichen, örtlichen undinhaltlichen Gestaltung einräumen, erst dann für eine selbstständige Tätigkeit, wenn bei der Dienstleistung eine Weisungsfreiheit vorhanden ist, die sie insgesamt als eine unternehmerische kennzeichnet.

Die Musikschullehrerin unterliegt in allen Zweigen der Sozialversicherung. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Musikschule. Diese wertende Zuordnung kann nicht (!) mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem sie z. B. vereinbaren, eine selbständige Tätigkeit zu wollen. Denn der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person - als selbständig oder beschäftigt - allein die Vertragsschließenden entscheiden. Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an.

Die Weisungsgebundenheit zeigt sich u. a. darin, dass die Lehrerin zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet war und die Festlegung auf bestimmte Unterrichtszeiten und Räume durch die Musikschule hinnehmen musste.

Eine Eingliederung in die Betriebsorganisation ist u. a. auch deshalb gegeben, weil die Lehrerin ein Ausfallhonorar erhielt, wenn Schüler nicht zum Unterricht erschienen. Zudem hatte sie mindestens einmal im Jahr Schülervorspiele durchzuführen und jeweils zweimal jährlich an Gesemtlehrer- und Fachbereichskonferenzen teilzunehmen. Die Lehrerin unterhielt keine eigene betriebliche Organisation, hatte keine unternehmersichen Chancen und war keinem Unternehmerrisiko ausgesetzt. Vielmehr lag die gesamte Organisation des Musikschulbetriebs in den Händen der Musikschule.

Darauf, ob die Lehrerin neben der Beschäftigung für die Musikschule auch als selbständige Musiklehrerin "privat" tätig geworden ist, kommt es nicht an.

Der Ausschluss einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und von Urlaubsansprüchensowie die vertraglich geregelte Pflicht der Beigeladenen, Einkommensteuer abzuführen und für eine Krankenversicherung sowie Altersversorgung selbst Sorge zu tragen, sind lediglich Ausdruck der Intention der Klägerin, eine selbstständige Tätigkeit zu wollen; unternehmerische Freiheiten sind damit nicht verbunden.

Bundessozialgericht, Urteil vom 28.06.2022, Az. B 12 R 3/20 R

Anmerkung:

Dieses Urteil des höchsten Sozialgerichts bestätigt einmal mehr die seit Jahren erkennbare Linie der Rechtsprechung in diesem Bereich. Egal ob für Musikschulen, für Sportvereine oder für jegliche andere Vereine - es ist sehr schwer, eine selbstständie ÜL-Tätigkeit vertraglich zu gestalten, in aller Regel wird man davon ausgehen müssen, dass die ÜL einer gewissen Weisung durch den Vereinsvorstand unterliegen, mehr oder weniger auch in die Vereinsorganisation eingebunden sind und finanzielles Risiko nur in Ausnahmefällen tragen.

WICHTIG: Die vertragliche Gestaltung und die Einigkeit darüber, dass die Parteien von einem Honorarverhältnis ausgehen, ist nicht relevant sondern ausschließlich die o. g. Grundsätze. Insofern wiegen sich Vereinsvorstände häufig in falscher Sicherheit, denn die Konsequenz aus einer Wertung als versicherungspflichtige Beschäftigung ist, dass der Verein (nachträglich) Arbeitgeber wird und somit die Nachzahlung von Sozialversicherungbeiträgen (= ca. 42%) zu tragen hat. Dass zudem eine strafbare Handlung wegen Hinterziehung von SV-Beiträgen aufgrund grober Fahrlässigkeit ("das hätte man wissen müssen" oder "man hätte sich wenigstens beraten lassen müssen") angenommen wird, kann nicht völlig ausgeschlossen werden.

(c) Steuerberatung Sandra Oechler

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