Sie möchten stets auf dem neuesten Stand bleiben? Dann empfehle ich Ihnen meinen Newsletter .

Zurück

Selbstlosigkeit im Gemeinnützigkeitsrecht

Der Begriff der Selbstlosigkeit ist ein zentraler Grundsatz für die Anerkennung als Verein, der gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt.

Selbstlosigkeit liegt vor, wenn die Förderung einer oder mehrerer der in § 52 AO genannten Zwecke oder wenn mildtätige Zwecke nach den Vorgaben des § 53 AO im Vordergrund stehen. Ein Verein handelt selbstlos, wenn er weder selbst noch zu Gunsten seiner Mitglieder eigenwirtschaftliche Zwecke (z. B. gewerbliche oder sonstige Erwerbszwecke) verfolgt. Wirtschaftliche Aktivitäten dürfen betrieben werden, wenn damit Mittel erwirtschaftet werden, die für die Verwirklichung der satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Zur Selbstlosigkeit gehört die Verwendung der Mittel nur für die satzungsmäßigen Zwecke und weitere in § 55 AO genannte Bedingungen zur Mittelverwendung.

In § 55 AO sind die Grundsätze der Selbstlosigkeit festgelegt, die überdies seit 2009 in die Satzung jeder steuerbegünstigten Organisation aufgenommen werden müssen. Im Einzelnen sind diese:

  • Mittel des Vereins dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden.

  • Mitglieder dürfen keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln des Vereins erhalten.

  • Mitglieder dürfen bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung des Vereins nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer geleisteten Sacheinlagen zurückerhalten.

  • Der Verein darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck des Vereins fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen.

  • Bei Auflösung des Vereins oder bei Wegfall seines bisherigen Zwecks darf das Vermögen des Vereins nur für die in der Satzung genannten steuerbegünstigten Zwecke verwendet werden.

  • Der Verein muss seine Mittel grundsätzlich zeitnah – spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalenderjahren – für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden.

Keine steuerbegünstigten Satzungszwecke sind: Nachbarschaftshilfe-, Seniorenhilfevereine, Tauschringe, Zeitbörsen und ähnliche Vereine, deren Mitglieder kleinere Dienstleistungen verschiedenster Art gegenüber anderen Vereinsmitgliedern erbringen (z. B. kleinere Reparaturen, Hausputz, Kochen, Kinderbetreuung, Nachhilfeunterricht, häusliche Pflege). Regelmäßig werden durch die gegenseitige Unterstützung in erster Linie eigenwirtschaftliche Interessen ihrer Mitglieder gefördert  Damit wird gegen den Grundsatz der Selbstlosigkeit verstoßen.

Beschäftigungsgesellschaften, die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen durchführen oder fördern, können in der Regel nicht als gemeinnützig behandelt werden. Unter Beschäftigungsgesellschaften sind Körperschaften zu verstehen, die - ggf. unter Nutzung arbeitsförderungsrechtlicher Instrumente und sonstiger Förderungsmöglichkeiten - die Hilfe für früher arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen insbesondere durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, berufliche Qualifizierungsmaßnahmen und Umschulungen zum Ziel haben. Soweit sie im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen Waren herstellen und vertreiben oder Leistungen an Dritte erbringen, üben sie wie andere Unternehmen eine wirtschaftliche Tätigkeit aus. Dies ist kein gemeinnütziger Zweck. Dass durch die wirtschaftliche Tätigkeit Arbeitsplätze erhalten oder geschaffen werden, rechtfertigt nicht die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Eine Beschäftigungsgesellschaft kann aber als gemeinnützig anerkannt werden, wenn das Schwergewicht ihrer Tätigkeit auf der beruflichen Qualifizierung, der Umschulung oder der sozialen Betreuung liegt. Werden dabei Waren hergestellt und vertrieben (z. B. im Rahmen einer Ausbildung angefertigte Sachen) oder Leistungen gegenüber Dritten erbracht, liegt insoweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.

Ein Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit liegt vor, wenn Körperschaften unentgeltlich oder teilweise unentgeltlich Grundstücke von Altlasten befreien und der Sanierungserfolg nicht ausschließlich und unmittelbar der Allgemeinheit, sondern auch einzelnen privaten Grundstückseigentümern zugute kommt.

Die Ausführungen von Lohnaufträgen durch sog. arbeitstherapeutische Beschäftigungsgesellschaften ist als begünstigte Tätigkeit anzusehen, wenn die Leistungen an die Auftraggeber ausschließlich Ergebnis der Arbeitstherapie und somit notwendige Folge der Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks sind.

Die Arbeitnehmerüberlassung selbst ist kein gemeinnütziger Zweck. Eine Körperschaft, die Arbeitnehmerüberlassung betreibt, kann aber als gemeinnützig behandelt werden, wenn das Schwergewicht ihrer Tätigkeit im ideellen Bereich liegt, insbesondere in der Qualifizierung und der therapeutischen Betreuung der Beschäftigten. Wenn die Körperschaft diese Voraussetzung erfüllt, ist der Bereich der Arbeitnehmerüberlassung ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.

Car-sharing-Vereine, bei denen der Verein den Mitgliedern gegen kostendeckendes Entgelt Kraftfahrzeuge zur Verfügung stellt, sind nicht wegen Förderung des Umweltschutzes gemeinnützig. Diese Vereine sind eigenwirtschaftlich tätig, da sie in erster Linie der kostengünstigen Deckung des Fahrbedarfs der Mitglieder dienen.

Ein Schulverein hat nach seiner Satzung regelmäßig die Aufgabe, die Eltern und die Öffentlichkeit über die Schule zu informieren, bei der Beschaffung von zusätzlichem Unterrichtsmaterial behilflich zu sein, Klassenfahrten zu unterstützen, sowie auf den Unterricht und die Lehrerschaft Einfluss zu nehmen. Wenn der Verein einmal im Jahr ein Sommerfest veranstaltet, bei dem er Speisen und Getränke verkauft und den Überschuss hieraus im ideellen Bereich verwendet,  kann er als gemeinnützig anerkannt werden. Obwohl die Einnahmen aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb insgesamt überwiegen, gibt die ideelle Tätigkeit dem Verein das Gepräge. Anders dagegen bei einem Schulbuchverein, der ausschließlich für seine Mitglieder Schulbücher kauft.

Eine sog. Schülerfirma, die sich unter dem Dach einer Schule oder eines Schulfördervereins oder als selbständige Körperschaft für Lernzwecke durch die Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen aktiv am Markt betätigt, und deren Einnahmen nicht mehr als 35.000 € einschl. USt. im Jahr betragen, kann als Zweckbetrieb und damit auch als gemeinnützig behandelt werden, wenn die Satzung den Lern- bzw. Ausbildungszweck zum Inhalt hat.

Der Grundsatz der ordnungsgemäßen Mittelverwendung gebietet, dass sämtliche Mittel des Vereins einschließlich der Gewinne aus Zweckbetrieben und aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sowie der Überschüsse aus der Vermögensverwaltung nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden dürfen. Dazu zählt auch die Verwendung der Mittel für Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen, die satzungsmäßigen Zwecken dienen (z. B. Bau eines Altenheims, Kauf von Sportgeräten oder medizinischen Geräten).

Vereinsmitglieder dürfen - außer Annehmlichkeiten - keine Zuwendungen aus Mitteln des Vereins erhalten. Der Begriff der Zuwendung als steuerlicher Begriff bedeutet Unentgeltlichkeit. Die Zahlungen von angemessenen Vergütungen an Mitglieder ist zulässig, soweit nicht die Satzung Ehrenamtlichkeit vorschreibt.

Soweit Leistungen des Vereins an nicht steuerbegünstigte Dritte erbracht werden, ist hierfür ein angemessenes Entgelt zu berechnen; dies gilt in sämtlichen Tätigkeitsbereichen (ideeller  Bereich, Vermögensverwaltung, Zweckbetrieb, steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) des Vereins. Nur Leistungen an andere steuerbegünstigte Organisationen können unentgeltlich oder gegen ein geringeres Entgelt erfolgen.

Sofern bei der Gewinnermittlung Einnahmen z. B. von Untergliederungen des Vereins nicht erklärt werden, liegen keine ordnungsgemäßen Aufzeichnungen vor. Das Finanzamt kann eine gemeinnützigkeitsschädliche Gewinnausschüttung unterstellen und die Gemeinnützigkeit aberkennen (Mittelfehlverwendung).

Die Verwaltungsausgaben und die Aufwendungen für Spendenwerbung müssen sich in einem angemessenen Rahmen halten. Für die Frage der Angemessenheit der Verwaltungsausgaben einschließlich Spendenwerbung kommt es auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls an, insbesondere enthält § 55 AO keine absoluten oder prozentualen Obergrenzen. Entscheidendes Kriterium ist vielmehr, ob bei Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls das Ausgabeverhalten des Vereins angemessen ist. Während der Gründungs- oder Aufbauphase eines Vereins kann auch eine überwiegende Verwendung der Mittel für Verwaltungsausgaben und Spendenwerbung unschädlich für die Gemeinnützigkeit sein. Die Dauer der Gründungs- oder Aufbauphase, während der dies möglich ist, hängt von den Verhältnissen des Einzelfalls ab. Ein Zeitraum von mehr als 4 Jahren sollte nicht überschritten werden.

Grundsätzlich haben Vereine ihre Mittel  selbst zu verwenden. Eine Weitergabe in vollem Umfang an einen anderen gemeinnützigen Verein bzw. eine andere gemeinnützige Körperschaft ist nur dann möglich, wenn die Beschaffung von Mitteln als Satzungszweck festgelegt ist, was bei einem Förderverein der Fall ist.

Nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO muss ein gemeinnütziger Verein seine Mittel grundsätzlich zeitnah für seine steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke  verwenden. Eine zeitnahe Mittelverwendung liegt vor, wenn die Mittel spätestens in den zwei auf den Zufluss folgenden Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die steuerbegünstigten Satzungszwecke verwendet werden. Die am Ende des Kalender- oder Wirtschaftsjahres vorhandenen Mittel müssen in der Bilanz oder Vermögensaufstellung des Vereins entweder zulässigerweise dem Vermögen bzw. einer zulässigen Rücklage zugeordnet sein oder als “Verwendung in den folgenden zwei Jahren für steuerbegünstigte Zwecke“ ausgewiesen werden.

Grundsätzlich dürfen Mitglieder keine Zuwendungen aus Mitteln des Vereins erhalten; Mittel sind grundsätzlich alle Vermögenswerte und nicht nur Geldbeträge des Vereins. Annehmlichkeiten, wie sie im Rahmen der Betreuung von Mitgliedern allgemein üblich und nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen sind, sind unschädlich. In Anlehnung an die Lohnsteuer-Richtlinien werden Aufmerksamkeiten, also Sachzuwendungen oder Gutscheine bis zu einem Wert von jeweils 40 € (z. B. Blumen, Geschenkkorb, Buch oder Schallplatte), die dem Vereinsmitglied aus Anlass eines besonderen persönlichen Ereignisses zugewendet werden, nicht beanstandet. Geldgeschenke sind nicht zulässig.

Anders ist dies bei Vereinsanlässen wie Weihnachtsfeier oder Vereinsausflug. Hier gilt die 40-€-Grenze insgesamt für alle geselligen Zusammenkünfte je teilnehmendem Mitglied und Jahr. Es ist weiter zu beachten, dass die Summe der Annehmlichkeiten nicht den Jahresmitgliedsbeitrag übersteigt

Bei angestellten hauptberuflichen Vereinsmitarbeitern/-innen (wie Mitarbeitern in der Geschäftsstelle, Geschäftsführern in der Vereinsorganisation) gelten neben der Frage der Angemessenheit die Vorgaben des Lohnsteuerrechts, die großzügigere Grenzen für lohnsteuerfreie Betriebsveranstaltungen zulassen. Für Betriebsveranstaltungen (z. B. Weihnachtsfeier oder Betriebsausflug) gilt eine allgemeine Grenze von 110 €; dabei sind neben den Bewirtungsaufwendungen auch die Kosten für den äußeren Aufwand (Musik, Raummiete, Dekoration etc.) zu berücksichtigen.

Darlehen an Vereinsmitglieder dürfen gemeinnützigkeitsunschädlich nur dann vergeben werden, wenn der Verein durch die Vergabe des Darlehens selbst unmittelbar seine steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwirklicht (z. B. Darlehen im Zusammenhang mit einer Schuldnerberatung zur Ablösung von Bankschulden, Darlehen an Nachwuchskünstler eines gemeinnützigen Musikvereins für die Anschaffung von Instrumenten oder Stipendien für eine wissenschaftliche Ausbildung, die teilweise als Darlehen vergeben werden).

Ansonsten ist die Darlehensgewährung nur aus Mitteln, die nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen (also aus vorhandenem Vermögen einschließlich der zulässigen Zuführungen und der zulässig gebildeten Rücklagen) nur im Rahmen der ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung zulässig. Es muss sicher gestellt sein, dass die Darlehen bei Bedarf kurzfristig zurückgezahlt werden.

Speisen und Getränke, die anlässlich und während eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes unentgeltlich oder teilentgeltlich überlassen werden sind gemeinnützigkeitsrechtlich unschädlich.

Gleiches gilt auch für Preisermäßigungen für Sportveranstaltungen des Vereins, soweit diese insgesamt 40 € oder den jeweiligen Jahresmitgliedsbeitrag nicht übersteigen.

Nachhaltige Verluste in diesen Bereichen stehen der Gemeinnützigkeit immer entgegen.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung gelten folgende Grundsätze:

  1. Unterhält ein Verein mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (z. B. Werbung und bezahlter Sport), so erfolgt zuerst eine Saldierung. Nur soweit der Verlust eines einzelnen (oder mehrerer) wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nicht bereits im Entstehungsjahr mit Gewinnen anderer steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe verrechnet werden kann und sich saldiert ein Verlust ergibt, ist weiter zu prüfen.

  2. Verbleibt nach der Verrechnung ein Verlust, so ist dies unschädlich, wenn dem ideellen Bereich in den sechs vorangegangenen Jahren Gewinne des einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in mindestens gleicher Höhe zugeführt worden sind. Insoweit ist der Verlustausgleich im Entstehungsjahr als Rückgabe früherer, durch das Gemeinnützigkeitsrecht vorgeschriebener Gewinnabführungen anzusehen.

  3. Der Ausgleich des Verlusts eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs mit Mitteln des ideellen Bereichs ist außerdem unschädlich für die Gemeinnützigkeit, wenn

  • der Verlust auf einer Fehlkalkulation beruht,

  • der Verein innerhalb von zwölf Monaten nach Ende des Wirtschaftsjahrs, in dem der Verlust entstanden ist, dem ideellen Tätigkeitsbereich wieder Mittel in entsprechender Höhe zuführt, sofern die zugeführten Mittel nicht aus steuerbegünstigt zu verwendenden Mitteln gedeckt wurde, die zur Förderung der steuerbegünstigten Zwecke des Vereins bestimmt sind.

Nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 AO darf Mitgliedern bei ihrem Ausscheiden aus dem Verein oder bei der Auflösung des Vereins nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer geleisteten Sacheinlagen zurückgewährt werden.

Vor jeglicher ehrenamtlichen Tätigkeit und gleichzeitigem Abschluss eines Auftrags- oder Dienstleistungsverhältnisses muss unbedingt zur Vermeidung gemeinnützigkeitsrechtlicher Sanktionen zuvor in die Satzung die Zulässigkeit der Zahlung von Vergütungen aufgenommen werden. Der Ersatz von tatsächlich entstandenem und nachgewiesenem Aufwand ist stets zulässig, wobei Aufwandsentschädigungen, Sitzungsgelder, Reisekosten, Ablösezahlungen etc. in Höhe der steuerlich zulässigen Beträge vergütet werden können.

(Quelle: http://www.verein-aktuell.de/steuerpflichten-finanzamt/verein-gemeinnuetzigkeit/selbstlosigkeit-im-gemeinnuetzigkeitsrecht)

Zurück